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Krankheiten mit ähnlichen Symptomen wir Hämorrhoiden (Bildquelle: BigStock-ID: 32404904 by olly2)

Es sind nicht alles Hämorrhoiden was schmerzt

von Dr. Peter Müller
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So kraftstrotzend Martin Luther auch daherkam – gesund war er nicht. Er litt an allen möglichen Wehwehchen und ganz besonders an Verstopfung,Hämorrhoiden und deren Symptomen. Der Reformator, der nie ein Blatt vor den Mund nahm, schilderte seine Beschwerden recht drastisch: „Es presste mir fast die Seele aus.

Nun sitze ich da wie eine Wöchnerin, aufgerissen, verletzt und blutig.“ Die Schuld an seinem Leiden gab Luther dem Teufel. Wem sonst? „Er macht bei mir seine Badereise“, glaubte der wortgewaltige Protestant, „der Satan hängt an mir mit gewaltigen Seilen und zieht mich mit Schiffstauen in die Tiefe.“

Ob es tatsächlich Hämorrhoiden waren, die den Reformator so sehr plagten, kann heute nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden. Sicher ist jedoch: Der Teufel war jedenfalls nicht schuld an seinen Beschwerden. Hämorrhoiden und deren Symptome können nämlich auch auf weitaus ernstere Erkrankungen hindeuten. Das Problem ist, dass viele Patienten zu spät eine Praxis aufsuchen, weil es ihnen peinlich ist, den Arzt auf ihre vermeintlichen Hämorrhoiden hinzuweisen. Das kann unter Umständen fatale Folgen haben. In der Regel ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Dieser kann den Patienten oder die Patientin zu einem Proktologen überweisen. Das ist ein Spezialist für Enddarm-Erkrankungen. Er kann durch eine Untersuchung, die normalerweise nicht schmerzhaft ist, feststellen, ob es sich tatsächlich nur um Hämorrhoiden und ihre Symptome handelt oder ob eine andere Erkrankung Ursache der Beschwerden ist.

Die Analfissur

Die meisten Patienten, die über Hämorrhoiden samt Symptomen klagen, schildern Blut am Toilettenpapier oder im Stuhl, Juckreiz sowie einen brennenden und nässenden After. All das kann, muss aber nicht auf Hämorrhoiden hinweisen. Auslöser der Beschwerden kann zum Beispiel auch eine Analfissur sein. Das sind schmerzhafte Risse in der Haut des Analkanals. In der Folge bildet sich ein Geschwür aus. Die genaue Ursache für diese Erkrankung ist noch nicht eindeutig geklärt. Wer allerdings häufig an Verstopfung leidet, scheint für eine Analfissur besonders anfällig zu sein. Ärzte raten den Patienten deshalb, viel zu trinken, ausreichend Ballaststoffe zu sich zu nehmen und sich genügend zu bewegen. Spezielle Salben helfen gegen die akuten Schmerzen und fördern die Heilung. Wenn die Erkrankung chronisch wird und die Fissuren vernarben, können sich verdickte Hautfalten am After bilden, sogenannte Marisken. Solange diese keine Beschwerden bereiten, müssen sie nicht weiter behandelt werden. Andernfalls wird der Arzt versuchen, sie unter lokaler Betäubung zu entfernen.

Der Analabszess oder die Analfistel

Bleibt eine Analfissur unbehandelt, kann sich ein Abszess im Bereich der Drüsen bilden, die zwischen der Dickdarmschleimhaut und dem Analkanal liegen. Gelangen Bakterien aus dem Darm in die Drüsen, können sie sich entzünden. Das eitrige Sekret kapselt sich ab. Ein Abszess macht sich durch Schmerzen beim Sitzen und während der Stuhlentleerung bemerkbar. Die Haut ist dick geschwollen und gerötet. Auch Fieber kann auftreten. Wenn der Abszess aufbricht, bleibt häufig eine Fistel zurück. Die Entzündung ist dann in ein chronisches Stadium übergegangen und verursacht Symptome, die auch bei Hämorrhoiden auftreten können. Je eher der Arzt zurate gezogen wird, umso größer die Heilungschancen. Er kann den Abszess oder die Fistel chirurgisch entfernen.

Das Analekzem

Quälender Juckreiz am Anus kann auch von einem Analekzem herrühren. Eine der Ursachen ist mangelnde Hygiene. Häufig ist das Ekzem jedoch auf eine Allergie zurückzuführen, die durch parfümiertes Toilettenpapier oder Waschlotionen entsteht. Dann gilt es, den Auslöser der Kontaktallergie zu finden und zu vermeiden. Bei der Behandlung der Symptome kommen Zinksalben und in besonders schwierigen Fällen kurzfristig auch cortisonhaltige Salben zum Einsatz.

Der Mastdarmvorfall

Manche Patienten sind davon überzeugt, „nur“ an Hämorrhoiden und deren Symptomen zu leiden. In Wahrheit jedoch handelt es sich um einen Mastdarmvorfall, der in der Fachsprache auch als Rektumprolaps bezeichnet wird. Im Gegensatz zu Hämorrhoiden wird hierbei der Enddarm aus dem After heraus gedrückt. Anfänglich macht sich dies nur während des Stuhlgangs bemerkbar. Im chronischen Verlauf zieht sich der Darm nicht mehr zurück. Auslöser für einen Mastdarmvorfall können dauerhafte Verstopfung, aber auch mehrere schwere Geburten sein. Eine Operation ist in den meisten Fällen unumgänglich.

Das Analkarzinom

Bei den zuvor genannten Beschwerden handelt es sich um gutartige Erkrankungen, die sich genauso wie Hämorrhoiden und deren Symptome bemerkbar machen. Leider gibt es auch sehr ernste Erkrankungen, die hinter den Beschwerden stecken können. Vor allem wenn es sich um Blutungen aus dem Analbereich handelt, sollten diese von einem erfahrenen Arzt abgeklärt werden. Sie könnten ein Zeichen für Krebs, z.B. für ein Analkarzinom, sein. Selbst für Mediziner ist es nicht immer ganz einfach, dieses von Hämorrhoiden und ihren Symptomen zu unterscheiden. Zu den typischen Beschwerden wie Blut im Stuhl treten auch hier Schmerzen beim Stuhlgang und Juckreiz auf. Besteht der Verdacht auf ein Analkarzinom, wird der Arzt Gewebsproben veranlassen. Nicht immer muss das Karzinom sofort entfernt werden. In 70-80 % der Fälle kann der Tumor heute mit Strahlen- und Chemotherapie beseitigt werden.

Das Anorektales Melanom

Das anorektale Melanom ist ein extrem aggressiver Tumor. Dabei entarten die Pigmentzellen in der Analhaut. Die Krankheit tritt allerdings sehr selten auf, und wenn, dann kommt es meist zu einer Fehldiagnose. Auch dieses Krankheitsbild ist identisch mit Hämorrhoiden und ihren Symptomen. Und so vergeht oft ein halbes Jahr, bis der Arzt die richtige Diagnose stellt. Dann ist der Krebs oft schon so weit fortgeschritten, dass die Heilungschancen sehr schlecht sind.

Der Darmkrebs

Zu den Krankheiten, die man ebenfalls nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, gehören Karzinome des Dick-und Enddarms. Darmkrebs bzw. das kolorektale Karzinom ist die zweithäufigste Todesursache aller Krebserkrankungen. Deshalb ist es bei unklaren Blutungen unbedingt notwendig, den gesamten Dickdarm zu untersuchen. Das geschieht durch eine Dickdarmspiegelung, die sogenannte Koloskopie. Sie kann heute ambulant und schmerzfrei durchgeführt werden. Darmkrebs entsteht zumeist aus gutartigen Polypen, die zunächst keine Beschwerden verursachen. Bei der Darmspiegelung können kleinere Polypen direkt entfernt werden. Außerdem wird eine Gewebeprobe entnommen. Sollte sich herausstellen, dass der Patient an Darmkrebs erkrankt ist, wird der Arzt versuchen, den Tumor operativ zu entfernen. Auch Chemotherapie kann zum Einsatz kommen, wenn bereits die Lymphknoten betroffen sind.

Gehen Sie Rechtzeitig zum Arzt

Vor allem aus den letztgenannten Gründen ist es ratsam, bei Beschwerden rund um den Analbereich rechtzeitig zum Arzt zu gehen. Gott sei Dank sind die Ärzte heutzutage besser als zu Luthers Zeiten. Der rückte seinen Hämorrhoiden und ihren Symptomen mit Aderlass, warmen Umschlägen und Abführmitteln zu Leibe. Zumindest zeitweise schien das auch zu helfen. Dann schrieb der Reformator: „Mein After und Leib haben sich endlich mit mir auf freundlichen Fuß gestellt.“

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